Braucht man heute noch einen Bausparvertrag?! – Selten zuvor waren die Hypothekenszinsen so günstig wie heute. Kein Wunder, dass zunehmend neu gebaut, gekauft, renoviert und modernisiert wird. Niedrige Zinsen lassen Hypothekenbelastungen erträglich werden und alle, die nicht den ganz dicken Geldbeutel haben, profitieren maßgeblich von der günstigen Zinssituation.
Bausparen bei niedrigen Zinsen und hohen Immobilienpreisen
Keine Frage, die Immobilienpreise sind nahezu in gleichem Zuge gestiegen, wie die Zinsen gefallen sind. Auch das sogenannte Immobiliengold, gewinnt bei Kapitalanlegern vermehrt Nachfrage – und wo diese groß ist, ziehen auch die Preise an. In welchem Zusammenhang ist allerdings der Bausparvertrag zu sehen, wenn es um Immobilien und deren Finanzierung geht? Lohnt er überhaupt noch oder stellt er bereits den sprichwörtlichen „alten Zopf“ dar? Wie können Bausparverträge aus der Vergangenheit in neue Finanzierungsvorhaben eingebracht werden? Und was geschieht mit den bisher auf den Verträgen angesparten Guthaben? Wann lohnt es sich diese zu entnehmen und wann sollten Guthaben eher im Bausparvertrag belassen werden – um sie vielleicht im Rahmen einer Vor- bezw. Zwischenfinanzierung einzusetzen? Oder in welchem Zusammenhang sind Forwarddarlehen beim Bausparen zu sehen, beispielsweise für eine künftige anstehende Anschlussfinanzierung? Wie man sieht, die Fragen sind vielfältig – die Antworten auch.
Die Finanzierung mit Bausparen – Top oder Flopp?
Der Grundgedanke einen Bausparvertrag und die dazugehörige Kasse ins Leben zu rufen, ist bereits in den 1930er Jahren entstanden. Ob es die Engländer waren, die das Bausparen erfunden haben oder doch eher die Deutschen, wird sich wohl nicht mehr eindeutig klären lassen. Die Schweizer waren es wohl nicht, obwohl sie den Anspruch zur Herstellung bestimmter Kräuterbonbons vehement für sich reklamieren. Die Volksgruppen der Schotten und Schwaben sind allerdings dafür bekannt, dass sie dem Sparen als solchem bereits seit jeher etwas abgewinnen konnten. Die Schotten sind für ihren sprichwörtlichen Geiz bekannt und in Deutschland gilt speziell im Schwabenland die bundesweit bekannte Devise: Schaffe, schaffe Häusle baue. Wen wundert es da, dass die Gemeinden Wüstenrot und Schwäbisch Hall im „Schwobenländle“ liegen. So wurde also bereits in frühen Zeiten des vorigen Jahrhunderts die Institution Bausparkasse ins Leben gerufen, die zunächst Spargeld ansammelte und verzinste, um dieses hernach zinsgünstig an Häuslebauer auszureichen. Im Grundsatz hat sich dieses Prinzip bis zum heutigen Tag nur wenig verändert. Nun ist durch diese Ausführungen selbstverständlich keineswegs eindeutig geklärt, ob Bausparen Sinn macht oder nicht – auf diese Thematik soll daher im Folgenden näher eingegangen werden.
Die Phasen beim Bausparen
Wie soeben bereits angerissen, müssen Bausparverträge in einer ersten Phase zunächst bespart werden, um im Nachgang, also in der zweiten Phase, einen zinsgünstigen Kredit zu erlangen.
Hier eine kurze Zusammenstellung was in den einzelnen Phasen geschieht:
Die Sparphase
- Vertrag wird in gewünschter Höhe abgeschlossen
- Sparzahlungen werden nach den Allgemeinen Bausparbedingungen(ABB)vereinbart
- Nach etwa sieben Jahren ist der Vertrag bei einem „Normaltarif“ mit 40 od.50% bespart
- Während der gesamten Sparphase wird die Bewertungszahl fortlaufend berechnet
- Die sogenannte Ziel-Bewertungszahl stellt eine von verschiedenen Auszahlungsvoraussetzungen dar
Die Darlehensphase
- Sobald die Auszahlungsvoraussetzungen erreicht sind, werden Guthaben und Darlehen nach vorheriger Beantragung durch den Vertragsinhaber ausbezahlt.
- Die bereits bei Abschluss des Vertrages vereinbarte Zins und Tilgungssumme errechnet sich in 0/00o der Bausparsumme. Bei einer Vertragssumme von 10.000€ werden daher bei Normaltarifen 60€ monatlich fällig.
- Sondertilgungen sind in dieser Phase jederzeit möglich, bis hin zur gesamten Kredittilgung
- Der ebenso bei Vertragsabschluss vereinbarte Darlehenszins, ist bereits in der Tilgungsrate beinhaltet. Die Tilgung erfolgt annuitätisch, sprich Zinsen und Tilgung werden in einer Rate zusammengefasst; wobei die zunehmend geringeren Zinszahlungen stets der erhöhten Tilgung dienen, die Rate als solche verändert sich hierdurch nicht.
Um nochmals näher auf die Auszahlungsvoraussetzungen einzugehen, soll hier jetzt der Bewertungszahl ein kleiner Abschnitt gewidmet werden. Diese wird mittels einer bausparmathematischen Formel berechnet. Vereinfacht: es wird das Verfahren Zeit mal Geld angewendet. Je mehr und je länger der Bausparer sein Kapital der Bausparkasse zur Verfügung stellt, desto höher und schneller steigt die Bewertungs- bis hin zur Zielbewertungszahl.
Es muss allerdings vorausgeschickt werden, dass bei den neuen Bauspartarifen zahlreiche Innovationen eingeführt wurden. Vor allem dem Thema Flexibilität kommt ein bedeutender Part zu. Hierzu später mehr.
Bauspardarlehen wird benötigt – die Voraussetzungen (Zuteilungsreife) noch nicht erfüllt?
Dieser Frage kommt bereits seit Beginn der Bauspargeschichte ein ganz besonderes Augenmerk zu. Was geschieht eigentlich, wenn das Traumhaus gedanklich bereits bezogen ist, der Kaufpreis feststeht, ein umfassender Kassensturz erfolgt ist und das Eigenkapital ermittelt wurde? Ebenso haben bereits weitere Finanzierungsmittel Eingang in die Finanzierungsplanung gefunden? Und jetzt muss nur noch der Bausparvertrag in die Finanzierung mit eingebunden werden? Dieser ist allerdings noch nicht oder noch nicht ganz zuteilungsreif, sprich, das Eigengeld und das heiß ersehnte Darlehen sind ganz einfach noch nicht verfügbar? In diesem Fall muss guter Rat keineswegs teuer sein – denn beim Bausparen wurden wirksame Sicherheitsmechanismen installiert, die genau in solchen Fällen greifen. Vorfinanzierung und Zwischenfinanzierung heißen die Zauberworte.
Den Bausparvertrag vorfinanzieren
Die Unterschiede zwischen den Begriffen Zwischen- und Vorfinanzierung sind klein aber fein – und dennoch bedeutend. Die Vorfinanzierung des Bausparvertrages kann beispielsweise dann erfolgen, wenn ein neu geschlossener Vertrag sofort und zeitnah in eine Immobilienfinanzierung eingebunden werden soll. Das Prinzip ist einfach: Wenn der Vertrag im Rahmen einer Baufinanzierung ins Leben gerufen wird, kann er als Tilgungsersatz dienen. Hierbei zahlt der Kunde für das aufgenommene Darlehen zunächst lediglich die Zinsen, der nötige Tilgungsanteil fließt in den Bausparvertrag. Und zwar solange, bis die Zinsfestschreibungszeit des Kredites endet. Im Idealfall löst dann das günstige, bis dahin zuteilungsreife Bauspardarlehen, zusammen mit dem angesammelten Guthaben, den Immobilienkredit ab. Der große Vorteil dabei: Auf diese Weise lassen sich bereits heute die günstigen Bauspardarlehenszinsen für die Zukunft sichern. Dasselbe prozedere erfolgt, wenn eine Immobilie erst in einigen Jahren gekauft oder neu gebaut wird. Auch in diesem Fall können bereits zuvor abgeschlossene Bausparverträge zum Einsatz gebracht werden.
Hierzu ein vereinfachtes Beispiel:
- Abschluss des Vertrages heute – Finanzierungsbeginn in fünf Jahren
- Bausparvertrag ist bis dahin zu 30% angespart – jedoch noch nicht zugeteilt
- Jetzt wird einfach weiter bespart und durch den Bausparvertrag vorfinanzieren löst dieser bei Zuteilung das Immobiliendarlehen ab.
- Unter Umständen genügt hierbei eine weitaus kürzere Festschreibungszeit für das Immobiliendarlehen. Dies spart zum Einen Zinsen, weil kürzere Festschreibungszeiten zu einem günstigeren Zins von den Banken ausgereicht werden, zum Anderen fallen durch die dadurch erfolgende Laufzeitverkürzung erheblich weniger Gesamtzinszahlungen an – es tritt quasi ein Vorspareffekt von fünf Jahren ein. Die Zinsen für diesen Zeitraum fallen ganz einfach weg.
Zugegeben, die Berechnungsschritte sind recht komplex – gleichzeitig allerdings genial, denn wer möchte wohl nicht bei der Baufinanzierung die staatliche Summe von Kreditzinsen für fünf Jahre sparen?
Zwischenfinanzierung beim Bausparer
Bausparverträge, die heute zum Einsatz kommen, wurden in der Regel schon vor einigen Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten abgeschlossen. Damals waren die Guthabenzinsen noch attraktiv, die Darlehenszinsen eher nicht. Was also tun mit einem Vertrag dessen Darlehenszinsen weniger interessant sind, das darin befindliche Kapital allerdings zur Finanzierung der eigenen vier Wände dringend benötigt wird. In diesem Fall gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die einfachste, jedoch zumeist ungünstige, ist die Kündigung des Vertrages. Hierbei muss beachtet werden, dass dies zum Verlust eventuell zu erstattender Abschlussgebühren oder bei Vertragsabschluss ehemals vereinbarter Boni-Zahlungen führen kann – also nicht die optimale Lösung. Eine Zwischenfinanzierung könnte in diesem Fall greifen. Die Zuteilung des Bausparers wird dabei beantragt und das vorhandene Kapital zwischenfinanziert. Somit steht das dringend benötigte Geld innerhalb kurzer Zeit zur Verfügung. Der Hypothekenkredit wird dann nach Zuteilung des Bausparvertrages elegant durch das Guthaben abgelöst – und zwar inklusive aller Boni etc., die ansonsten verlustig gehen würden. Auf das weniger günstige Bauspardarlehen, des Bausparvertrages, der ehemals in einer Hochzinsphase abgeschlossen wurde, verzichtet der Kunde dabei ganz einfach. Aber auch dann, wenn Guthaben und Bauspardarlehen gleichermaßen in Anspruch genommen werden sollen, ist das Zwischenfinanzieren eine gute Wahl. Genau wie im zuvor geschildert, beantragt der Bausparkunde die Zuteilung und nach der Zwischenfinanzierungszeit werden dann Guthaben und Bauspardarlehen gleichermaßen in Anspruch genommen.
Forwarddarlehen und Anschlussfinanzierung – weitere Gründe für den Bausparvertrag
Wie alles im Leben einmal zu Ende geht, verhält es sich auch mit der Festschreibung von Kreditzinsen bei der Immobilienfinanzierung. Gerade in Zeiten, in denen sich das Investieren in Wohnungen und Häuser so außerordentlich günstig darstellt, enden auch die Zinsfestschreibungen immer wieder. Hierbei haben die Banken zunächst ein recht probates und für den Kreditkunden attraktives Instrument ins Leben gerufen: das sogenannte Forward-Darlehen. Dabei wird bereits heute ein neue Festschreibung der Hypotheken-Zinsen vereinbart, obwohl die Zinsbindungsfrist erst in 24 Monaten endet. Was aber, wenn das Ende der Zinsfestschreibung in weit mehr in der Zukunft liegt – vielleicht noch fünf oder sechs Jahre ins Land gehen, bis eine neue, mit günstigeren Hypothekenzinsen versehene Baufinanzierung abgeschlossen werden kann? Genau dann bildet das Bausparen wieder einen besonders attraktiven Ansatz, um günstige Zinsen für die Zukunft zu sichern. Denn es lässt sich nahezu auf den Punkt genau berechnen, welche Sparzahlung nötig ist, um zum Beispiel exakt bei Ablauf der bisherigen Hypothekenzins-Vereinbarung, ein super niedriges Bauspardarlehen in Anspruch nehmen zu können.
Flexibilität und super niedrige Zinsen – Markenzeichen moderner Bausparverträge
Wie sich jetzt bereits eindrücklich erkennen lässt, ist das Bausparen keineswegs ein alter Zopf, sondern auch heute noch ein hervorragendes Instrument, um künftigen Zinssteigerungen wirksam entgegentreten zu können. Hiermit allerdings noch lange nicht genug. Die heutzutage bei Bausparverträgen zu findenden Traumzinsen sollten für alle, die in Zukunft mit dem Immobilienkauf liebäugeln, ein großer Ansporn sein, um sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Wie zu Beginn schon kurz angemerkt, haben sich die Bausparunternehmen einiges einfallen lassen, um das Produkt Bausparen interessant zu halten. Denn es sind nicht nur die historisch niedrigen Darlehenszinsen, die nach wie vor für den Abschluss von Bausparverträgen sprechen. Auch die weit größere Flexibilität, die heutzutage bei den Vertragsgestaltungen zu finden ist, lässt aufhorchen. So lässt sich ein Bausparvertrag teilen und durch die sofortige Erhöhung der Bewertungszahl somit problemlos zuteilungsreif machen. Ebenfalls gibt es die Möglichkeit, die zunächst vereinbarten Zinsen, während der Laufzeit der Verträge sogar noch zu verändern. Ob den Bausparvertrag teilen und dadurch zuteilungsreif machen oder während der Vertragslaufzeit den Bauspartarif ändern – die Gründe sind immens vielfältig, um sich für den Abschluss eines Vertrages mit der passenden Bausparsumme zu entscheiden. Hierzu sollten sich Interessenten bei den Kassen direkt kundig machen, um den für sie passenden Tarif zu finden. Flexibilität bei der Vertragsgestaltung, beispielsweise beim Bausparvertrag teilen, ist also auf jeden Fall gegeben. Und der Bauspartarif kann gegebenenfalls verändert werden.
Resümee und Zukunftsperspektiven beim Bausparen
Ob Vorsparen für die eigenen vier Wände und dabei künftig anfallende Kreditzinsen sparen – Zinssicherung für später abzulösende, bereits bestehende Hypothekendarlehen – oder Vorauskredite im Rahmen der Tilgungsaussetzung bei Baufinanzierungen anzustreben und dabei kräftig Zinsen einsparen – die Möglichkeiten sind überwältigend. Das Finanzprodukt Bausparen wird, entgegen der Unkenrufe vieler, heute und in Zukunft einen wichtigen Platz bei der Immobilienfinanzierung einnehmen. Und mehr noch: Gerade jetzt, wo sich die Hypothekenzinsen, dank europäischer Zinspolitik auf einem absoluten Tiefstand befinden, ist es umso wichtiger Zinssicherung zu betreiben (siehe auch Hypothekenfinanzierung). Nur auf diese Weise lassen sich heutige Zinsvorteile in die Zukunft transferieren. Durch die Flexibilität, den Bausparvertrag teilen zu können und so die Bewertungszahl zur schnelleren Zuteilung zu erreichen, den Bausparvertrag vorfinanzieren und dadurch die Zinsen für die Zukunft zu sichern – wer wird bei diesen (rosigen) Aussichten, dem, zugegebenermaßen etwas weniger attraktiven Umstand geringerer Guthabenzinsen, noch allzu große Beachtung schenken?